Jury-Entscheidung bestätigt unsere Warnungen

Verwaltung muss den Ratsbeschluss („nicht großflächige Bebauung“) jetzt klarstellen

Lippstadt, 10. September 2025

Die Jury des städtebaulichen Realisierungswettbewerbs hat einen Entwurf prämiert, der genau das Flächenprogramm umsetzt, vor dem die Bürgerinitiative „Freier Marktplatz“ seit Monaten gewarnt hat. Der Siegerentwurf orientiert sich – wie zu erwarten – exakt an den in der Auslobung geforderten Flächenverbräuchen. Die Grundrissdarstellung deckt sich mit dem von uns im Flyer visualisierten grauen Quader. Der Vorwurf „Fake News“ erweist sich damit als haltlos: Unsere Darstellung beruhte durchgehend auf den verbindlichen Wettbewerbsunterlagen.

Interne Vorarbeit der Verwaltung machte das Ergebnis absehbar

Bereits im Prozess der Ausgestaltung des Auslobungstextes hat die Verwaltung planerische Vorentwürfe gezeigt, deren Flächenansatz nahezu identisch mit dem nun gekürten Sieger ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich das aufwendige Verfahren – samt Preisgeldern in Höhe von insgesamt 204.000 Euro (1. Preis 81.500 €, 2. Preis 51.000 €, 3. Preis 30.500 €, Anerkennungen 41.000 €) – nicht weitgehend hätte vermeiden lassen.

Fakten statt Wunschdenken: Was ein Realisierungswettbewerb rechtlich bedeutet

Aktuell wird von Befürwortern der Erweiterung suggeriert, die Bevölkerung könne jetzt „zwischen den ersten drei Plätzen wählen“ oder einzelne Elemente „zusammenstellen“. Das ist irreführend: Bei einem Realisierungswettbewerb ist der Auftraggeber darauf ausgerichtet, dem (in der Regel) erstprämierten Büro die weitere Bearbeitung zu übertragen. Es handelt sich nicht um einen unverbindlichen Ideenpool. Das weitere Verfahren ist im Kern: Ergebnis/Juryprotokoll → Beschlusslage/Beauftragung → ggf. Baubeschluss (oder kein Baubeschluss, z. B. bei fehlender Finanzierbarkeit/Haushaltssperre). Eine nachträgliche „Publikumsentscheidung“ ist nicht vorgesehen.

Zur Kritik „flächensparende Entwürfe seien übergangen worden“

Die Jury eines RPW (Richtlinien für Planungswettbewerbe)-konformen Wettbewerbs ist mehrheitlich mit unabhängigen Fachpreisrichtern (Architektur/Landschaftsarchitektur) besetzt. Bewertet wird u. a. nach Einbindung in den Stadtraum, Funktionalität, Wirtschaftlichkeit/Nachhaltigkeit – und zentral: Einhaltung der Auslobungsvorgaben. Genau diese Vorgaben verlangen die nun sichtbare Flächennutzung (Erweiterungsbau + Umfeldgestaltung) und ein deutlich reduziertes Stellplatzangebot am Platz. Dass ein Jury-Mitglied nach der Präsentation irritiert fragte, „warum so viel Fläche verbraucht“ wurde, verdeutlicht das Informationsdefizit auf Befürworterseite – nicht einen Bewertungsfehler der Fachjury.

Konsequenz aus dem anerkannten Bürgerbegehren: Klarstellung zum Ratsbeschluss erforderlich

Der Ratsbeschluss zum Bürgerbegehren trägt den Bürgerwillen „keine großflächige Bebauung“ – damit ist der nun prämierte Entwurf nicht kompatibel. Wir fordern die Verwaltung auf, unverzüglich klarzustellen, dass dieser Entwurf nicht dem im Bürgerbegehren formulierten Ziel entspricht und so nicht umgesetzt werden kann.

Sollte die Verwaltung diese Klarstellung nicht vornehmen, ist als nächster Schritt ein Bürgerentscheid zu initiieren – damit der dokumentierte Bürgerwille verbindlich und ohne Interpretationsspielräume abgesichert wird.

Unser Ziel bleibt: Museum ja – aber ohne großflächige Überbauung des Marktplatzes

Wir unterstützen ein starkes, zeitgemäßes Stadtmuseum im Palais Rose und eine hochwertige, barrierefreie Platzgestaltung. Nicht tragbar ist ein Entwurf, der den Kern des Marktplatzes baulich beansprucht und dem klar formulierten Bürgerwillen widerspricht.

music_note Song zum Freien Marktplatz:

DIN-A1-Plakat-Entwurf2.jpg
Der Siegerentwurf des Realisierungswettbewerbs, den das Architekturbüro STUDIO-MRA aus Stuttgart in Zusammenarbeit mit GREENBOX Landschaftsarchitekten aus Köln eingereicht hat. Der Unterschied zu unserer schematischen Skizze ist, was die Größenverhältnisse angeht, gering. Das Architekturbüro hat sich an die Vorgaben gehalten.
marktplatz-lippstadt-drohne-bebauung.jpg
Schematisch ist das ungefähr die Ansicht, wie sich die Bebauung dann darstellt. Diese Skizze unserer Initiative wurde als "Fake News", "Ängste schüren", Halbwahrheiten" und "falsche Behauptungen" in die Welt setzen bezeichnet.
Modell-Quelle-YouTube.jpg
Modell des Kulturrates aus dem Jahr 2022, das zeigen sollte, wie eine mögliche Bebauung aussehen könnte.
Image-2022-08-22.jpg
Der freie Marktplatz, wie er sich heute darstellt. Viele Revitalisierungsmaßnahmen für den Platz sind denkbar und gewollt, so kann er etwa barrierefrei werden, wenn die Absenkung zur Marienkirche verschwindet. Für das Mikroklima in der Stadt ist eine zusätzliche Begrünung sinnvoll.
2025-05-16_15.41.41.jpg
Altstadtlauf 16. Mai 2025

Faktencheck: Wichtige Unterschiede zwischen Auslobungstext und kursierenden Gerüchten / Aussagen im Flyer „Pro Stadtmuseum“

1. Art des Wettbewerbs und Bindungswirkung

Flyer suggeriert: „Es wird diskutiert, die Bürger sehen die Entwürfe und entscheiden dann mit.“

Faktisch laut Auslobung: Es handelt sich um einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb, nicht um einen Ideenwettbewerb. Das bedeutet:
„Die Ausloberin erklärt, dass sie einer/einem PreisträgerIn, in der Regel der/dem GewinnerIn, die weitere Bearbeitung der Aufgabe […] übertragen wird“.
Das Ergebnis ist bindend für die weitere Planung – es gibt kein unverbindliches „Wir schauen dann mal“.

2. Überbaubare Fläche und Bauvolumen

Flyer behauptet: Nur „ca. 800 qm Grundfläche“ würden bebaut, der Marktplatz bleibe „größtenteils frei“.

Faktisch: Die Auslobung fordert eine Nutzungsfläche von 1.450 qm für den Erweiterungsbau, plus technische Räume, Erschließung etc.
→ Das führt in der Regel zu einer Bruttogrundfläche über zwei Ebenen von mehr als 1.800 qm, zusätzlich zu Erschließungsflächen. Der Marktplatz als Freifläche wird dadurch deutlich verkleinert.

3. Anzahl und Erhalt der Parkplätze

Flyer suggeriert: „Auch Parkplätze – sollten sie gewünscht sein – bleiben erhalten.“

Faktisch: Die Auslobung fordert insgesamt den Nachweis von 15 PKW-Stellplätzen, die vorzugsweise an der Rathausstraße realisiert werden sollen. Aktuell zählt der Marktplatz ca. 93.
→ Es wird lediglich gefordert, im Entwurf Erschließung, Verkehrsflächen und Pkw-Stellplätze darzustellen. Eine Garantie gibt es nicht.

4. Freihalten des Marktplatzes

Flyer behauptet: Es werde „außerordentlich achtsam mit der Freifläche umgegangen“.

Faktisch: Die Auslobung sieht das Wettbewerbsgebiet mit rund 8.400 qm komplett als Planungsfläche vor, inklusive der aktuell freien Marktplatzfläche.
→ Ziel ist ausdrücklich eine städtebauliche Neuordnung unter Integration eines Neubaus.

5. Bedeutung der Bebauung

Flyer spricht von: „flächenschonender Bebauung“ und „kein Hindernis für Herbstwoche“.

Faktisch: Die Auslobung sieht den Neubau als zentralen Bestandteil des Museumskonzepts und fordert sogar eine verbindliche Anbindung ans Palais Rose (wenn auch nur eingeschossig).
Ohne Neubau ist das vorgesehene Konzept nicht umsetzbar.

6. Barrierefreiheit als Argument für Neubau

Flyer: „Ganz ohne Bebauung geht es nicht wegen Barrierefreiheit“.

Faktisch: Die Auslobung fordert eine barrierefreie Gesamtlösung, aber:
Barrierefreiheit könnte auch durch alternative Konzepte erreicht werden. Es ist kein Automatismus, dass nur ein großer Neubau Barrierefreiheit ermöglicht.

7. Rolle der Bürgerbeteiligung

Flyer stellt in Aussicht: Die Bürger werden später in die Entwurfsentscheidung eingebunden.

Faktisch: Laut Auslobung erfolgt die Entscheidung durch das Preisgericht am 09.09.2025. Die Bürgerbeteiligung ist auf Informationsveranstaltungen beschränkt.
Die Bindungswirkung liegt beim Wettbewerbsergebnis, nicht bei einem Bürgerentscheid.

8. Kostenrahmen und Förderlogik

Flyer: „Eigenanteil nur ca. 10 Mio. €“.

Faktisch: Der Auslobungstext nennt ein Investitionsvolumen von ca. 21,5 Mio. € brutto (12,4 Mio. € für den Neubau, 2,1 Mio. € Sanierung Palais Rose, 4,1 Mio. € Freianlagen).
→ Ob die angegebenen Förderquoten tatsächlich erreicht werden, ist offen und nicht Bestandteil der Auslobung.

Faktencheck: Übersicht

ThemaGerüchtFakt
Art des Wettbewerbs und BindungswirkungBürger entscheiden mitErgebnis ist bindend
Überbaubare Fläche und BauvolumenMarktplatz bleibt größtenteils freiMarktplatz wird deutlich verkleinert
Anzahl und Erhalt der ParkplätzeParkplätze bleiben erhalten15 Parkplätze gefordert
Freihalten des MarktplatzesAußerordentlich achtsamer Umgang mit FreiflächeNeuordnung der Marienkirche Senke UND des Marktplatzes
Bedeutung der BebauungFlächenschonende BebauungFormuliertes Konzept funktioniert nur mit Neubau
Barrierefreiheit als Argument für NeubauOhne Bebauung keine BarrierefreiheitBarrierefreiheit auch ohne Bebauung möglich
Rolle der BürgerbeteiligungBürger werden in Entscheidung eingebundenPreisgericht entscheidet bindend am 09.09.2025
Kostenrahmen und FörderlogikEigenanteil nur ca. 10 Mio. €Gesamtinvest: 21,5 Mio. €
Keine Fördertöpfe bekannt